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Stellungnahme des VDJ
zum Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und Polizeien



abstand

Der Dezentralisierung und Ausdifferenzierung des staatlichen Machtapparates in der Bundesrepublik Deutschland liegt eine eindeutige verfassungskräftige Entscheidung zugrunde, die durch bittere historische Erfahrungen veranlasst wurde: Am 14. April 1949 schrieben die Militärgouveneure der drei Westmächte einen Brief an den Parlamentarischen Rat, in dem die künftige Struktur der deutschen Sicherheitsbehörden festgelegt wurde. Dieser "Polizeibrief" enthält u. a. die Vorgabe, dass der künftige Geheimdienst "keine Polizeibefugnisse" haben soll. Weiter heißt es "Keine Bundespolizeibehörde darf Befehlsgewalt über Landes- oder Ortspolizeibehörden besitzen".

Hintergrund dieser Vorgaben der Westallierten sowie auch der Debatten des Parlamentarischen Rates zu dieser Frage waren die Erinnerungen an den hochzentralisierten Macht- und Terrorapparat des Nazistaates: 1939 waren Gestapo, Sicherheitspolizei und SD im "Reichssicherheitshauptamt" zusammengefasst worden.

Das Trennungsgebot für Polizei und Geheimdienste sowie die Dezentralisierung der Polizeibehörden zielten mithin darauf ab, einer solchen Entwicklung für die Zukunft vorzubeugen. Jegliche Zentralisierung staatlicher Exekutivgewalt, jegliche Vermengung polizeilicher und geheimdienstlicher Aufgabenfelder und Befugnisse birgt schließlich die Gefahr eines Machtmißbrauchs auf Kosten der Bürgerfreiheit - dies gilt auch für den heutigen Rechtsstaat. Wenn durch ungezügelten Datenaustausch zwischen den verschiedensten staatlichen Behörden, wenn den Geheimdiensten Zugriffsrechte auf die personenbezogenen Daten von Banken, von Telekommunikationsunternehmen, von Internetprovidern usw. ein geräumt werden, bleibt nicht nur der Datenschutz auf der Strecke. Das Trennungsgebot gerät zur bloßen Fassade, hinter der die die informationelle Einheit der Staatsgewalt und damit eine Totalerfassung der Bürger und Bürgerinnen vollzogen wird.

Verfasst am 18.10.2001

Prof. Dr. Martin Kutscha,
Vorsitzender der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen


Kontakt: http://www.vdj.de



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HTML-Auszeichnung: Martina Kant
Erstellt am 24.10.2001 - letzte Änderung am 25.10.2001