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Bürgerrechte & Polizei/CILIP 56 (1/97) |
Polizeilicher Umgang mit
häuslicher Männergewalt gegen Frauen
- Privatisierung als Strategie der Non-Intervention |
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von Martina Kant
Gewalt im öffentlichen Raum wird von Polizei und Presse regelmäßig als Problem ausgemacht. Anders ist dies bei Gewalt im sog. privaten Raum, deren Opfer zumeist Kinder und Frauen sind. Mit dem Hinweis, daß es sich hierbei um Privatangelegenheiten handele, unterbleiben in Fällen häuslicher Männergewalt gegen Frauen regelmäßig staatliche Interventionen und Sanktionen. Auch wenn es keine gesicherten Zahlen über die Verbreitung von Frauenmißhandlung gibt - Schätzungen ergeben 100.000 bis 4 Millionen mißhandelte Frauen jährlich -, so geht die Gewalt-Kommission der Bundesregierung nach den bisherigen Erkenntnissen davon aus, daß "Gewalt in der Familie" die verbreitetste Form der Gewalt sei.(1) Mißhandlungserfahrungen, die Frauen durch ihre (Ex-)Partner machen, reichen von verbalen Attacken, Einschüchterungen, Erniedrigungen, Psychoterror, Morddrohungen, Faustschlägen, Vergewaltigungen bis hin zu Angriffen mit Messern und anderen gefährlichen Gegenständen - zum Teil mit tödlichem Ausgang. Gerade der Polizei kommt in konkreten Mißhandlungssituationen große Bedeutung zu: Sie ist als einzige rund um die Uhr erreichbar und in der Lage, (ggf. mit Zwangsmaßnahmen) gegen den Mißhandler zu intervenieren. Von den öffentlichen Institutionen ist die Polizei denn auch diejenige, bei der mißhandelte Frauen am häufigsten Hilfe suchen. Ihr Hilfeersuchen wird jedoch oftmals enttäuscht: Betroffene Frauen berichten darüber, daß die Polizei untätig bleibt, das Geschehen bagatellisiert, ihnen rät, nicht zu übertreiben und ihnen sogar die Schuld für die Mißhandlung oder Bedrohung gibt.(2) Von Polizisten hört man, "daß die Frau das Prügeln ja gar nicht anders will", oder "daß die tatsächlich mal ein bißchen was verdient hat."(3) Einsatzanlaß 'Familienstreitigkeit'
Die Bagatellisierung beginnt bereits beim Einsatzauftrag,
denn in der polizeilichen Sprache sucht man den Begriff
(häusliche) Männergewalt gegen Frauen meist
vergeblich. "Das ist Einschätzungssache des
aufnehmenden Beamten (...). Und der sagt dann vielleicht
schon, wenn eine Körperverletzung angezeigt wird,
naja, die streiten sich doch nur, und dann sollen die
Funkwagen erstmal, dann nimmt man vielleicht erstmal
Familienstreitigkeit." Diese Aussage kann als
exemplarisch für die Einschätzung häuslicher
Männergewalt gegen Frauen aus polizeilicher Sicht
gelten. Sie stammt von einem Schutzpolizisten eines
Berliner Polizeiabschnittes.(4)
Auch gerade in der älteren
Polizeiliteratur werden Mißhandler und Mißhandelte
selbst dann 'Streitende' genannt, wenn es zu Körperverletzungen
oder gar Tötungsdelikten kommt.(5) Die vorrangige Aufgabe bei 'Familienstreitigkeiten', heißt es in der Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sei die Gefahrenabwehr, und sie sei in diesen Fällen grundsätzlich beschränkt auf "Schlichten, Vermitteln und Verweisen an zuständige öffentliche und geeignete private Institutionen."(7) Zwar könne auf strafverfolgende Maßnahmen nicht völlig verzichtet werden, so die 'Unterkommission Polizeipraxis' der Gewaltkommission, mit Eingriffen im Bereich der Familie müsse sich die Polizei jedoch zurückhalten, "um eine bestehende Krise nicht noch zu verschärfen oder therapeutische Maßnahmen nicht zu verhindern oder zu beeinträchtigen."(8) Diese offensichtliche Differenzierung zwischen Gewalt im 'öffentlichen' und 'privaten' Raum zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Diskussion um staatliche Intervention bei Frauenmißhandlung. Und in der Tat sind intervenierende Maßnahmen mit Betonung der Sanktionsgewalt durch den Einsatz polizei- und strafrechtlicher Maßnahmen die Ausnahme bei Einsätzen in Fällen häuslicher Männergewalt gegen Frauen.(9) Im einzelnen bedeutet dies, daß PolizeibeamtInnen bei diesen Einsätzen oftmals statt Strafanzeigen zu fertigen und/oder adäquate polizeirechtliche Maßnahmen zu ergreifen, bevorzugt zwischen den Beteiligten schlichten und durch Vermitteln einen Konflikt zu lösen versuchen. Gekoppelt sind diese Bemühungen an Ratschläge für die betroffenen Frauen, sich an Hilfseinrichtungen zu wenden, und den Versuch, in der Regel die Frau zum Verlassen der Wohnung zu bewegen. Auf Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Männergewalt gegen Frauen wird also so gut wie nie mit den Mitteln der Strafprozeßordnung reagiert und auf Gefahren ebenso selten mit denen des Polizeirechts.
Aus polizeilicher Sicht handelt es sich bei dem Geschehen,
zu dem sie gerufen werden, lediglich um einen Streit,
ein Eheproblem oder ähnliches. "In irgendwelche
Streitigkeiten (würden) wir uns uns generell dann
nicht einmischen als Polizei", so eine Polizeibeamtin.
Häusliche Männergewalt gegen Frauen wird
nicht nur bagatellisiert, sondern auch privatisiert.
Die Polizei erklärt sich für ihrer Ansicht
nach familiäre oder private Angelegenheiten schlichtweg
nicht zuständig: Als VertreterInnen der Staatsmacht
fühlten sie sich als Eindringlinge in die Privatssphäre
anderer Menschen und würden daher mit ihren polizeilichen
Maßnahmen so restriktiv wie möglich umgehen,
"um so wenig wie möglich in die Grundrechte
der Betroffenen einzudringen". Diese 'Rücksicht'
findet man bei der Polizei sonst wohl eher selten. Polizeiliches Selbstverständnis: Neutrale Vermittler
Wenn PolizeibeamtInnen ihre Rolle in Fällen häuslicher
Männergewalt gegen Frauen beschreiben sollen,
dann tun sie dies in erster Linie als "Schlichter",
"Schiedsrichter", "Vermittler"
und als "Schutzmann, der allen gerecht wird".
Sie suggerieren damit einen Umgang als unbeteiligte
Dritte, als vollkommen neutrale und unparteiische Instanz.
Durch polizeiliche Maßnahmen müßten
die BeamtInnen hingegen ihren vermeintlich neutralen
Standpunkt aufgeben; sie müßten Stellung
beziehen und die Situation in irgendeiner Weise definieren.
Dem Bemühen um scheinbar neutrale Vermittlung
sind polizeiliche (Zwangs-)Maßnahmen daher diametral
entgegengesetzt.(10) Die
Diskrepanz zwischen der Vermittlerrolle
und der Polizeifunktion (Gefahrenabwehr/Strafverfolgung)
lösen sie zugunsten einer Non-Intervention, indem
sie auf Maßnahmen mit Sanktionscharakter bewußt
verzichten. Jede intervenierende Maßnahme gegenüber
dem Mißhandler, selbst die 'Maßnahme Frauenhaus'
wird von den (männlichen) Polizeibeamten schon
als Neutralitätsbruch verstanden. Mit der Einschätzung von häuslicher Männergewalt gegen Frauen als privates Problem geht eine Selbstbeschränkung der polizeilichen Handlungsmöglichkeiten einher. D.h. PolizeibeamtInnen schöpfen die Möglichkeiten, die ihnen aufgrund des Polizeirechts und der Strafprozeßordnung zur Verfügung stehen, beim Einschreiten in Fällen häuslicher Männergewalt nicht aus. Auf der einen Seite werden Handlungsspielräume geringer eingeschätzt, als sie tatsächlich sind. Das geschieht teilweise aufgrund mangelnder Rechtskenntnis aber auch durch äußerst restriktive Gesetzesauslegung. So ist unter PolizeibeamtInnen etwa die irrige Annahme verbreitet, Platzverweise aus der Wohnung dürften grundsätzlich nicht gegen polizeilich gemeldete Personen ausgesprochen werden. Den Polizeigewahrsam für schlagende Männer lehnen die BeamtInnen regelmäßig ab, weil sie die Voraussetzungen als nicht gegeben ansehen, d.h. sie sehen keine unmittelbar bevorstehende Bedrohung der Frau oder befürchten, daß ihre Entscheidung einer richterlichen Überprüfung nicht standhält. Allerdings legen sie die Latte dabei häufig fälschlicherweise so hoch wie bei der vorläufigen Festnahme nach der Strafprozeßordnung. Ingewahrsamnahmen von Mißhandlern kämen deshalb recht selten vor, erklärt ein Beamter, denn "die meisten wissen das nicht". Zudem glauben viele BeamtInnen, sie könnten ohne einen Strafantrag der mißhandelten Frau ohnehin nicht strafverfolgend tätig werden.
Herrscht einerseits Unklarheit über die polizeilichen
Befugnisse, wird andererseits von BeamtInnen deutlich
gemacht, daß sie polizeiliche (Zwangs-)Maßnahmen
in Fällen häuslicher Männergewalt gegen
Frauen generell ablehnen. "Eine Gewahrsamnahme
ist natürlich ein Mittel, was wir uns eigentlich
ersparen wollen", beschreibt ein Beamter seine
Einsatzphilosophie, "wir wollen niemandem die
Freiheit nehmen." Überforderung der PolizeibeamtInnen Polizeieinsätze in Fällen häuslicher Männergewalt gegen Frauen gelten gemeinhin als unbeliebt.(14) Sie hätten keinen nachhaltigen Effekt, da sie das 'Problem' nicht lösen würden. Viele Betroffene seien darum schon eine Art 'Kundschaft' der Polizei. Nicht zuletzt die Schieflage in der Betrachtung von häuslicher Männergewalt als einfacher Familienkonflikt führt dazu, daß polizeiliches Eingreifen als wenig erfolgversprechend erscheinen muß. Die Polizei überfordert sich mit ihrem Anspruch, 'einen Streit schlichten' zu wollen, selbst und macht sich gleichzeitig handlungsunfähig. Ein vermeintlich sozialarbeiterisches Engagement entspricht weder den Kompetenzen der PolizeibeamtInnen - ist auch nicht mit ihrem Status als VertreterInnen der Staatsgewalt vereinbar -, noch wird es den Gewalttaten gegenüber Frauen gerecht. Das Wissen der Polizei über Hilfsangebote ist zudem äußerst beschränkt. Da wird schon einmal 'aus dem Stehgreif' improvisiert, mit dem Branchenbuch in der Hand auf den Schuldnerberater oder den 'Pädagogischen Dienst' verwiesen - je nachdem, welches 'Problem' die PolizeibeamtInnen meinen, erkannt zu haben. Man hat mal etwas gehört von der Familienfürsorge, "aber im Grunde genommen weiß ich gar nicht, ob da den Betroffenen richtig geholfen wird", räumt eine Polizeibeamtin ein. Darüber, daß die Polizeiausbildung ihnen bei diesen Einsätzen auch nicht weiterhilft, sind sich die befragten BeamtInnen einig - abgesehen von den Rechtsgrundlagen zum Erkennen von Straftaten und zur Durchführung polizeilicher Maßnahmen (sic!). Statt dessen berufen sie sich auf ihre Berufs- und Lebenserfahrung sowie auf ihre Menschenkenntnis - selbst BeamtInnen Anfang zwanzig mit gut einjähriger Berufspraxis. In maßloser Selbstüberschätzung lehnen sie weitere Ausbildung ab: "Mit einem normalen Menschenverstand müßte jede Familienstreitigkeit aus dem Wege zu räumen sein." Nur einige wenige wünschen sich mehr Hintergrundwissen über Gewalt gegen Frauen, über Ursachen, Hilfsangebote und über das ihnen manchmal unverständlich erscheinende Verhalten der geschlagenden Frauen. Fazit und Ausblick
In der Deutung von häuslicher Männergewalt
gegen Frauen als privatem Streit oder Konflikt wird
die Ideologie von 'öffentlich' und 'privat' nach
wie vor wirksam. Ehe, Familie und Partnerschaft werden
als staatsfreie Orte verstanden, in welche die Polizei
als Vertreterin der Staatsgewalt nicht eingreifen
dürfe. Durch die Privatisierung von Männergewalt
mittels der Konstruktion 'Familienstreitigkeit' rechtfertigt
die Polizei ihre Untätigkeit, d.h. ihre Non-Intervention
gegenüber den Mißhandlern. Statt zu intervenieren, setzt die Polizei auf Vermittlung zwischen den Betroffenen. Damit verkennt sie aber die tatsächlichen Gewaltverhältnisse und Gewalttaten innerhalb von Mißhandlungsbeziehungen. Letztlich wird der Opfer-Status der mißhandelten Frau ebensowenig anerkannt wie der Täter-Status des Mißhandlers, sie werden vielmehr auf eine Ebene gestellt. Für die in patriarchalischen Gesellschaften strukturell schwächere Frau bedeutet eine Vermittlung zwischen den Beteiligten und damit eine Privatisierung der Gewalttat nicht nur eine Benachteiligung; eine Non-Intervention bestätigt genau diese strukturelle Machtdifferenz und reproduziert so das Herrschaftsverhältnis zwischen Frauen und Männern.(16) Die Polizei als patriarchalische Institution hilft auf diese Weise, den hierarchischen Status quo und damit das männliche Gewaltmonopol im Geschlechterverhältnis zu sichern. Die Veränderung des polizeilichen Umgangs mit häuslicher Männergewalt gegen Frauen dürfte sich schwierig gestalten. Zu grundlegend sind die Wechselwirkungen zwischen staatlichen Institutionen, ihren Reaktionen und dem patriarchalischen Herrschaftsverhältnis. Um nicht vollends zu resignieren, ist es wahrscheinlich dennoch unerläßlich, auf Veränderungen in den Institutionen und ihres Umgangs mit Männergewalt gegen Frauen zu setzen. Verhaltensänderungen einzelner PolizeibeamtInnen werden allein jedoch kaum Wirkungen zeigen. Nimmt man allerdings die in Studien aufgezeigten Zusammenhänge zwischen Konstruktionen von Männergewalt, männlichen Stereotypen, Rechts- und Verhaltensunsicherheiten und dem polizeilichen Handeln zum Anlaß für eine Verbesserung, muß es darum gehen, eindeutige Handlungsvorgaben für die PolizeibeamtInnen zu schaffen, um auf diese Weise eigenmächtige, z.T. rechtswidrige und häufig genug zu Lasten der mißhandelten Frauen gehende Strategien zu verhindern. In den Ministerien und den Führungsetagen der Polizei reagiert man zunehmend auf die Kritik, die am polizeilichen Einschreiten geübt wird. Das 'Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend' ließ von einer ForscherInnengruppe eine 'Lehrgangskonzeption für die Polizei zum Thema 'Männliche Gewalt gegen Frauen'' entwickeln. Ziel war es, die Polizei für das Thema Männergewalt zu sensibilisieren und Verhaltensänderungen zu bewirken. Ob das 1995 erschienene Schulungsmaterial(17) letztendlich bundesweit eingesetzt wird, bleibt abzuwarten. In der Landespolizeischule Berlin war die Lehrgangskonzeption im vergangenen Jahr nur in Ansätzen bekannt. Sie sei in jedem Fall zu speziell, hieß es dort, statt des verengten Blicks auf Gewalt gegen Frauen, sollte besser "allgemeine Konfliktbewältigung" den Schwerpunkt bilden.(18)
Darüber hinaus werden in mehreren Modellprojekten
derzeit unterschiedliche Konzepte für den Umgang
mit Männergewalt gegen Frauen getestet. Angestoßen
wurden diese Überlegungen durch die US-amerikanische
Diskussion und dortige Praxiserfahrungen mit einer
veränderten Polizeiintervention in Verbindung
mit einer gerichtlichen Sanktionierung der Gewalttat
und sog. Tätertrainings. Das bekannteste dieser
Projekte ist wohl das 'Domestic Abuse Intervention
Project' (DAIP) aus Duluth, Minnesota. In Deutschland
wird u.a. in Passau und Augsburg mit dem Modellprojekt
'Gewalt im sozialen Nahraum', in Kiel mit dem 'Kieler
Interventions-Konzept' (KIK) und in Berlin mit dem
'Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche
Gewalt' (BIG) ein solcher multi-agency-Ansatz erprobt.
Zentrale Anliegen der beiden letztgenannten Projekte
sind zum einen die (straf-)rechtliche Sanktionierung
von Männergewalt gegen Frauen und Kinder, eine
Unterstützung und Beratung für die von Männergewalt
betroffenen Frauen und eine Kooperation zwischen verschiedenen
staatlichen und nichtstaatlichen/autonomen Stellen:
So sitzen hier u.a. VertreterInnen von Polizei, Staatsanwaltschaft,
Innen-, Justiz- und Frauensenat/-ministerium zusammen
mit Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen
und -notrufen an einem 'Runden
Tisch'.(19) Außer acht lassen darf man jedoch keinesfalls die Eigendynamik, die die Diskussion um (häusliche) Männergewalt gegen Frauen und Kinder innerhalb der Polizei bekommt. So macht die Polizei z.B. keinen Hehl aus ihren Begehrlichkeiten, was die Sammlung von Informationen anbelangt. Die bayerische Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder, Christine Steinherr, wünscht sich eine "hartnäckige Registrierung aller Gewaltdelikte" analog den Verkehrsordnungswidrigkeiten.(20) Für einen polizeilichen Sachbearbeiter, so Steinherr, seien die Gesamterkenntnisse über den Beschuldigten immer schon aufschlußreich gewesen und könnten auch für die Frage nach Haftanträgen eine Rolle spielen. Hier spätestens stellt sich die Frage, wohin die Reise gehen soll. Der Verweis auf die vermeintliche Gleichbehandlung mit anderen Delikten führt so unaufhaltsam in eine Spirale der staatlichen Repression und Prävention. Auch die mißhandelten Frauen wären davon betroffen. Steinherr motiviert ihre PolizeikollegInnen damit, daß jeder Hilferuf es der Polizei ermögliche, "auf rechtlich unkomplizierte Weise Wohnungen von Personen zu betreten, die aus den unterschiedlichsten Gründen 'polizeilich interessant' sein können". Leicht könnten betroffene Frauen dabei selbst ins Zentrum der polizeilichen Ermittlungen geraten; erinnert sei hier nur an die Problematik der Migrantinnen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus. Die Interessen von (mißhandelten) Frauen decken sich offensichlich nicht unbedingt mit denen bei Polizei und Justiz. Es ist daher Vorsicht und kritische Distanz geboten. Dennoch müssen Frauen vor Mißhandlungen geschützt werden. Wie Schutz und Intervention aussehen sollen, ohne sich dabei mit Scharfmachern in Politik und Polizei in ein Boot zu setzen, bedarf einer grundlegenden Diskussion.
Martina Kant ist Politikwissenschaftlerin und Mitarbeiterin der 'Arbeitsgruppe Bürgerrechte' an der FU Berlin. |
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Anmerkungen |
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(1) | Schwind, H.-D. u.a. (Hg.), Ursachen, Prävention und Kontrolle von Gewalt. Analysen und Vorschläge der Unabhängigen Regierungskommission zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt, Bd. 1, Berlin 1990, S. 75 |
(2) | Frehsee, D./Marth, D., Erster Zwischenbericht zum Forschungsbericht 'Fortbildung für Polizeidienststellen im Bereich Gewalt gegen Frauen', Bielefeld 1991, S. 96ff. |
(3) | Bergdoll, K./Namgalies-Treichler, C., Frauenhaus im ländlichen Raum (Schriftenreihe des Bundesministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Bd. 198), Stuttgart 1987, S. 102 |
(4) | Kant, M., Zwischen SchiedsrichterInnen und StrafverfolgerInnen. Eine Untersuchung des polizeilichen Umgangs mit häuslicher Gewalt gegen Frauen (unveröff. Diplomarbeit), Berlin 1996; soweit nicht anders gekennzeichnet, entstammen wörtliche Zitate dieser Arbeit. |
(5) | Exemplarisch: Deutsche Polizei 8/74, S. 241ff. |
(6) | Steffen, W./Polz, S., Familienstreitigkeiten und Polizei. Befunde und Vorschläge zur polizeilichen Reaktion auf Konflikte im sozialen Nahraum, München 1991, S. 95 |
(7) | Deutsche Polizei 6/80, S. 28 |
(8) | Schwind u.a., Ursachen, Prävention ... (Bd. 2), S. 705 |
(9) | Vgl. Bergdoll/Namgalies-Treichler, Frauenhaus ...; Steffen/Polz, Familienstreitigkeiten ...; Kant, M., Zwischen SchiedsrichterInnen ... |
(10) | Vgl. Clausen, G. Mißhandelte Frauen im Netz sozialer Hilfen in Hamburg, Hamburg 1981, S. 72 |
(11) | Siehe: Kant, M., Zwischen SchiedsrichterInnen ..., S. 22, 77 |
(12) | Deutsches Polizeiblatt 2/83, S. 8 |
(13) | Kant, M., Zwischen SchiedsrichterInnen ..., S. 80 |
(14) | Vgl. Deutsche Polizei 8/74, S. 242; Hagemann-White, C., u.a., Hilfen für mißhandelte Frauen (Schriftenreihe des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit, Bd. 124), Stuttgart 1981, S. 125 |
(15) | ausführlicher in: Leviathan 2/96, S. 216 |
(16) | Vgl. Feest, J./Blankenburg, E., Die Definitionsmacht der Polizei. Strategien der Strafverfolgung und soziale Selektion, Düsseldorf 1972, S. 100 |
(17) | Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.), Lehrgangskonzeption für die Polizei zum Thema 'Männliche Gewalt gegen Frauen', Bonn 1995 |
(18) | Informationsgespräch v. 15.3.96 |
(19) | Siehe: Information der Polizei Schleswig-Holstein 1/96, S. 16; Berliner Initiative gegen Gewalt gegen Frauen (BIG) e.V. (Hg.), Stellungnahme von BIG e.V. zum Modellvorhaben Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt, Berlin 1995 |
(20) | Kriminalistik 12/95, S. 801 |
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1997 HTML-Auszeichnung: Martina Kant - 17.06.1997 |