Bürgerrechte & Polizei/CILIP 57 (2/97) | |
Literatur zum Schwerpunkt | |
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Wer nach Alternativen zur gegenwärtigen 'Politik
Innerer Sicherheit' sucht, nach bürgerrechtlich
orientierten Vorschlägen einer Kriminalpolitik,
die mehr als Kriminalisierungspolitik ist, und nach
Apparaten, die nicht nach bürokratisch-obrigkeitsstaatlichen
Prinzipien organisiert sind, wird zwei Merkmale feststellen,
die auch auf die Schwerpunkt-Beiträge dieses Heftes
zutreffen: Erstens überwiegt - quantitativ wie
qualitativ - die Kritik gegenüber den Vorschlägen.
Zweitens handelt es sich in der Regel um punktuelle
Reformforderungen, die zwar explizit oder implizit
auf die zugrundeliegenden Vorstellungen über den
Begriff, die Institutionen, die Akteure, das Recht
etc. Innerer Sicherheit verweisen. Ein halbwegs konsistentes
Konzept der Alternativen ist jedoch nirgendwo in Sicht.
Häufig ist an die Stelle demokratisierender Reformen
das Beharren auf Verfassungspositionen getreten. Angesichts
der tatsächlichen Wandlungen des Komplexes der
Inneren Sicherheit gehorchen demokratisch-rechtsstaatliche
Positionen häufig den tagespolitischen Erfordernissen.
Mit einer 'Bewahren statt Verändern'-Strategie
soll das Schlimmste verhindert werden. Für Vorstellungen,
die der Maxime 'Bewahren durch Verändern' folgen,
fehlen weniger Luft oder Phantasie, sondern ein politisches
Klima, in dem alternativen Ansätzen überhaupt
eine Chance eingeräumt wird. Der konzeptionelle Mangel stellt sich dann besonders deutlich ein, wenn die Vorschläge nicht einzeln, sondern insgesamt betrachtet werden. Auch wenn sie als einzelne zu überzeugen vermögen und aus bürgerrechtlich orientierter Perspektive dringend geboten erscheinen, so bleiben zentrale Fragen durchweg unbeantwortet und häufig sogar ungestellt. Einige Beispiele:
Die Grünen im Bundestag/ Alternative Liste Berlin
(Hg.):"Nicht dem Staate, sondern den Bürgern
dienen", Bonn, Berlin 1990
Müller-Heidelberg, Till: "Innere Sicherheit" Ja - aber wie. Plädoyer für eine rationale Kriminalpolitik, in: Humanistische Union (Hg.): "Innere Sicherheit" Ja - aber wie? (Humanistische Union, Schriften Bd. 20), München 1994, S. 13-72 Nach einer Kritik herrschender Bedrohungsbilder und Bekämpfungsstrategien stellt der Vorsitzende der Humanistischen Union auf den letzten 18 Seiten seines Beitrags die "Vorschläge der HU zur Erhöhung der Inneren Sicherheit" vor. Sie reichen von Legalisierungs- und Entkriminalisierungsforderungen und dem Vorrang der Prävention bis zur Reform von Polizei (Entlastung von polizeifremden Aufgaben, Öffnung der Polizei für Ausländer, Namensschilder für Polizisten, verbesserte Ausbildung) und Strafvollzug.
Albrecht, Peter-Alexis u.a.: Strafrecht - ultima ratio. Empfehlungen der Niedersächsischen Kommission zur Reform des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts, Baden-Baden 1992 Albrecht, Peter-Alexis/Hassemer, Winfried/Voß, Michael (Hg.): Rechtsgüterschutz durch Entkriminalisierung. Vorschläge der Hessischen Kommission "Kriminalpolitik" zur Reform des Strafrechts, Baden-Baden 1992 Börner, Bertram/Fabricius-Brand, Margarete (Hg.): 3. Alternativer Juristinnen- und Juristentag, Baden-Baden 1994 In den drei Bänden steht die Entkriminalisierung verschiedener Deliktsbereiche im Vordergrund. Für Betäubungsmittel-, Eigentums- und Vermögens-, Straßenverkehrsdelikte sowie die Nötigung und das politische Strafrecht werden (unterschiedlich weit gehende) Vorschläge unterbreitet. Leider sind diese noch immer nicht von der Wirklichkeit überholt.
Freilich gibt es auf den politischen Bühnen der Republik - bei (einigen) Parteien, in den Parlamenten - eine Fülle von wichtigen Vorschlägen, die hier nicht aufgeführt werden können. Exemplarisch sei jedoch hingewiesen auf:
Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsfraktion:
"10 Eckpunkte für ein alternatives Sicherheitskonzept:
Bürgerrechte erhalten - Kriminalität verhüten
- Öffentliche Sicherheit stärken!",
Bonn 23.7.97 |
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1997 HTML-Auszeichnung: Martina Kant - 05.09.1997 |