CILIP Bürgerrechte & Polizei/CILIP 61 (3/98)

Chronologie

 
zusammengestellt von Simone Breddermann und Katharina Kempfer
 
Juli 1998

     01.07.: Der Hamburger Datenschutzbeauftragte erklärt die „verdeckte Aufklärung“ der Polizei in politisch motivierten Gruppen dann für rechtswidrig, wenn personenbezogene Daten erfaßt werden. Die Hamburger Innenbehörde kündigt eine Änderung ihrer bisherigen Praxis an.
In dem Prozeß um den Überfall auf den Asylsuchenden Martin Agyare werden vier der Angeklagten freigesprochen und einer der Täter mit Jugendarrest und gemeinnütziger Arbeit bestraft. Die Jugendlichen hatten im November 1997 den Ghanaer überfallen, beleidigt und geschlagen.
Mit dem Inkrafttreten des Eheschließungsrechtsgesetz müssen Standesbeamte eine binationale Eheschließung verweigern, wenn ihrer Auffassung nach eine Scheinehe geschlossen werden soll, um eine Aufenthaltserlaubnis für einen der Ehepartner zu erhalten.
     02.07.: Das Berliner Landgericht verurteilt die beiden DDR-Juristen Heinz Kadgien und Karl-Heinz Knoche wegen Rechtsbeugung, Totschlags und Beihilfe zum Totschlag zu jeweils vier Jahren Haft. Die früheren Richter hatten die beiden letzten DDR-Todesurteile gefällt.
     03.07.: Nach Angaben des Verfassungsschutzes sind etwa 40 Angehörige des öffentlichen Dienstes in Deutschland Mitglied der Scientology-Organisation; Lehrer und Richter seien nicht darunter.
Im Dolgenbrodt-Prozeß verurteilt das Landgericht Frankfurt/Oder die Hintermänner des Brandanschlags auf das Asylbewerberheim im November 1992 zu Bewährungsstrafen zwischen 15 Monaten und zwei Jahren.
Bei einer Routinekontrolle an einer Autobahnraststätte nahe Ingolstadt wird ein Zivilbeamter von einem Fußgänger angeschossen und schwer verletzt.
     06.07.: In Hamburg wird ein 24jähriger Mann verhaftet, der an dem Überfall auf den französischen Polizisten Daniel Nivel am Rande der Fußball-WM beteiligt gewesen sein soll.
Nach seiner 61. Straftat wird der 14jährige türkische Jugendliche „Mehmet“ verhaftet. Dem Jungen und seinen Eltern droht wegen seiner kriminellen Karriere die Ausweisung aus Deutschland. In einem Eilverfahren entscheidet das Verwaltungsgericht München am 28.7., daß die geplante Ausweisung Mehmets und seiner Eltern nicht rechtswidrig ist. Nach weiteren juristischen Auseinandersetzungen stoppt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) am 4.9. die Ausweisung Mehmets, wegen „erheblicher rechtlicher Bedenken“. Am 7.9. lehnt der VGH einen Eilantrag auf eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung von Mehmet ab. Am 9.10. verurteilt ihn das Münchner Amtsgericht zu einem Jahr Jugendhaft ohne Bewährung. Mehmet muß mit einer Abschiebung, allerdings ohne seine Eltern, aus Deutschland rechnen. Die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger legen am 15.10. Berufung gegen das Urteil ein, um eine „höhere Ahndung“ zu erreichen. Am 20.10 erlaubt der VGH der Stadt München die Ausweisung von Mehmet.
     08.07.: Nach dreimonatigen verdeckten Ermittlungen durchsuchen rund 100 Polizeibeamte die Autobahnpolizeistation in Emmelshausen (Rheinland-Pfalz) und Privatwohnungen von Autobahnpolizisten, gegen die wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt wird.
Im Prozeß um den Anschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle“ im Jahr 1986 vor dem Berliner Landgericht darf die Aussage des Hauptbelastungszeugen der Staatsanwaltschaft Musbah Eter nicht verwendet werden, da dem Zeugen bei seiner Vernehmung unzulässigerweise eine Strafmilderung in Aussicht gestellt worden war. Am 14.7. stellt die Staatsanwaltschaft einen Befangenheitsantrag gegen die Richter. Am 16.7. lehnt das Gericht den Antrag ab, der Prozeß wird fortgesetzt. Am 24.8. berichtet das ZDF-Magazin ‘Frontal’ über eine angebliche Mitarbeit der mutmaßlichen libyschen Terroristen beim amerikanischen und israelischen Geheimdienst. Die Drahtzieher des Anschlages würden von westlichen Geheimdiensten geschützt, womit die These vom libyschen Staatsterrorismus nicht mehr vertretbar sei. Die Generalanwaltschaft äußert sich nicht zu diesem Bericht.
     10.07.: Der Bundesrat stimmt zu, daß in der zentralen Gen-Datei demnächst mehr Daten erfaßt werden dürfen, so z.B. der genetische Fingerabdruck von bereits verurteilten Straftätern. In der selben Sitzung stimmt der Bundesrat der Änderung des Sozialgesetzbuches zu. Sozialämter und Krankenhäuser unterliegen künftig gegenüber Polizei, Justiz und in bestimmten Fällen auch anderen Behörden einer Auskunftspflicht.
     11.07.: Rund 6.000 Menschen protestieren in Chemnitz gegen Ausländerhaß . Zeitgleich findet unter starkem Polizeiaufgebot eine NPD-Kundgebung mit 400 Anhängern statt. 300 Personen aus dem linken und rechten Spektrum werden von der Polizei in Gewahrsam genommen.
     15.07.: Bei Hausdurchsuchungen in Rheinland-Pfalz stellt die Polizei eine größere Menge Waffen, Munition und Sprengstoff sicher. In einer Wohnung werden darüber hinaus auch Nazischriften, Stichwaffen mit Hakenkreuzen und eine Hitlerbüste beschlagnahmt.
     16.07.: Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main entscheidet, daß Journalisten die Aussage vor Gericht verweigern können, um ihre Informanten zu schützen.
     18.07.: Die Polizei in Magdeburg nimmt bei einer illegalen NPD-Kundgebung 118 Neonazis in Gewahrsam und bringt sie unter polizeilicher Bewachung bis an die Stadtgrenze.
     20.07.: Der Abteilungsleiter beim BND Volker Foertsch wird zum Herbst dieses Jahres versetzt und neuer Leiter der BND-Schule. Der 63jährige war in den Verdacht geraten, für den russischen Geheimdienst zu arbeiten.
Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Klage des Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi (PDS) gegen den Bericht des Immunitätsausschusses des Bundestages ab. Nach diesem Urteil darf der Ausschuß schriftlich verlautbaren, daß Gysi inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) war. Am 18.8. beantragt Gysi bei der Staatsanwaltschaft ein Überprüfungsverfahren. Am 21.8. gibt das Hamburger Landgericht einer Klage Gysis statt, derzufolge das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ihn nicht mehr als inoffiziellen Mitarbeiter des MfS bezeichnen darf.
     22.07.: Das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz stellt die Ermittlungen gegen Polizeidirektor Otto Dreksler wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft bei Scientology ein. Der vom Dienst suspendierte Beamte wird wieder in sein Amt eingesetzt. Die auf einen anonymen Brief und die Aussagen eines V-Mannes des Berliner Verfassungsschutzes gestützten Vorwürfe hatten sich als falsch erwiesen. Der V-Mann hatte vor 1989 für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet. Am 26.8. entschuldigt sich Innensenator Schönbohm bei Dreksler und befördert ihn. Die Berliner Innenverwaltung kündigt eine Untersuchung der Arbeitsweise des Verfassungsschutzes an, verteidigt aber gleichzeitig die Zusammenarbeit mit ehemaligen Stasi-Mitarbeitern. Am 19.9. scheitert ein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in das Abgeordnetenhaus eingebrachter Mißtrauensantrag gegen den Innensenator.
     23.07.: Um die Nachtruhe wieder herzustellen, hat die Polizei in Koblenz zwei verliebte Igel bei ihrem Liebesspiel rigoros voneinander getrennt . Eine Anwohnerin hatte die Polizei wegen lauter „Knackgeräusche“ um Hilfe gerufen.
     24.07.: Die Kreispolizeibehörde Borken leitet 395 Bußgeldverfahren und 118 Strafanzeigen gegen Atomkraftgegner ein, die im Frühjahr bei den Protesten gegen den Castor-Transport ins Zwischenlager Ahaus festgenommen worden waren. Am 31.7. leitet die Staatsanwaltschaft Münster Ermittlungsverfahren gegen 30 Polizisten ein. Sie werden beschuldigt, während ihres Einsatzes Körperverletzungen und Freiheitsberaubungen begangen zu haben.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hebt den Freispruch gegen Safwan Eid im Lübecker Brandprozeß auf. Damit muß sich der libanesische Asylsuchende erneut wegen besonders schwerer Brandstiftung und fahrlässiger Tötung vor dem Kieler Landgericht verantworten. Die Bundesrichter beanstanden, daß das Landgericht Lübeck nicht die heimlichen Tonbandaufzeichnungen über Gespräche verwertete, die Eid in der Untersuchungshaft mit Familienangehörigen führte.
Ein generelles Bettelverbot auf öffentlichen Straßen und Plätzen ist nach einer Entscheidung des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs unzulässig. (Az.: 1 S 2630/97)
Bei einer länderübergreifenden Polizeiaktion zerschlagen bayerische Drogenfahnder einen internationalen Drogenhändler-Ring und stellen 57 Kilogramm Heroin sicher.
     28.07.: Der Zentralverband der Deutschen Sinti und Roma legt beim bayerischen Verfassungsgericht Verfassungsbeschwerde wegen der Verwendung des Erfassungsmerkmals „Personentyp Roma und Sinti“ durch die bayerische Polizei ein.
     29.07.: Bei dem Versuch, einen PKW, der wegen Verkehrsverstößen aufgefallen war, zu stoppen, wird ein 44jähriger Polizeiobermeister von dem Fahrer erfaßt und gegen den als Straßensperre abgestellten Funkwagen gedrückt. Gegen den flüchtigen Fahrer wird wegen Mordversuchs ermittelt. Am 20.8. werden drei Rumänen und eine Deutsche wegen dringenden Tatverdachts festgenommen.
     31.07.: Laut einem internen Papier der Berliner Polizei ist im ersten Halbjahr 1998 die Straßenkriminalität in Kreuzberg und Neukölln um 16,8% zurückgegangen. Um 57% ist hingegen die Zahl der registrierten Körperverletzungen angestiegen. In beiden Bezirken wird seit Anfang des Jahres das sogenannte Berliner Modell erprobt.

August 1998

     01.08.: Seit heute gilt das neue Straßenverkehrsgesetz, wonach das Fahren unter Drogeneinfluß mit bis zu 3.000 DM Geldstrafe, Entzug des Führerscheins und vier Strafpunkten im Verkehrsregister geahndet wird. Wer in einer Polizeikontrolle den Eindruck erweckt, daß er illegale Drogen genommen hat, muß zur Blutprobe.
Die traditionellen Chaostage in Hannover fallen in diesem Jahr, nach dem massiven Vorgehen der Polizei in den vergangen Jahren, aus.
     03.08.: Bei Wohnungsdurchsuchungen in fünf Bundesländern ist die Cottbusser Polizei einem bundesweiten Händlernetz für rechtsextremistische Propaganda auf die Spur gekommen. Es werden mehrere tausend Tonträger und Publikationen beschlagnahmt.
     04.08.: Laut dem in Bonn vorgestellten „Jahresbericht 1997 zur Kriminalitätslage in der Bundesrepublik Deutschland“ ist die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten im Vergleich zu 1996 um 0,9% auf knapp 6,6 Millionen gesunken. Ein Zuwachs ist bei der Kinder- und Jugendkriminalität und bei Taten mit rechtsextremistischem Hintergrund zu verzeichnen. Die Aufklärungsrate ist auf 50,6% gestiegen.
     05.08.: Laut einem Beschluß des BGH können Ausländer nach Ende der Abschiebehaft diese nicht mehr auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen, da die Haft in der Regel lang genug ist, um innerhalb dieses Zeitraums eine gerichtliche Prüfung zu erwirken. (Az.: V ZB 7/98 - 25.6.1998)
     07.08.: Nach einem Beschluß des Berliner Kammergerichts ist künftig nicht jede Graffiti-Spray-Aktion automatisch als Sachbeschädigung zu werten. Ein Straftatbestand liege nur vor, wenn die Schmierereien zu tatsächlichen Substanzschäden führten oder wenn die notwendigen Reinigungen Beschädigungen hinterließen.
     13.08.: Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) verbietet die zwei linksextremistischen türkischen Organisationen „Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front“ (DHKP-C) und „Türkische Volksbefreiungspartei/-front-Revolutionäre Linke“ (THKP/-C-Devrimci Sol) in Deutschland.
     15.08.: Dänische Neonazis veranstalten einen verbotenen „Heß-Gedenk-Marsch“ im Kopenhagener Vorort Greve und im Stadtzentrum. Die Polizei setzt Tränengas gegen die etwa 3.000 Demonstranten ein, nachdem Teilnehmer sie mit Steinen und Flaschen angegriffen hatten. In Deutschland werden 120 mutmaßliche Neonazis an der Ausreise nach Dänemark gehindert.
Bei einer Auseinandersetzung mit zwei rechtsextremen Jugendlichen werden in Brandenburg zwei Polizeibeamte zum Teil schwer verletzt . Einer der Polizisten gibt einen Warnschuß ab.
     16.08.: Das Berliner Landgericht stellt das Verfahren gegen Erich Mielke wegen der Toten an der Mauer aufgrund andauernder Verhandlungsunfähigkeit ein.
     17.08.: In ihrer Einzelzelle in der Gefangenensammelstelle in Berlin-Tiergarten erhängt sich eine 40jährige Frau , die zu sieben Monaten Haft verurteilt worden war.
     19.08.: Das Bundeskriminalamt und der Bundesnachrichtendienst werden zum ersten Mal Beamte „zum Hospitieren“ austauschen, um Erfahrungen über die Arbeitsweise der jeweils anderen Behörde zu sammeln.
     20.08.: Wegen tödlicher Schüsse auf einen flüchtenden Sexualstraftäter verurteilt das Stuttgarter Landgericht einen 28jährigen Polizisten zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten auf Bewährung.
     21.08.: Der BND und mehrere bekannte Redakteure dementieren die Behauptung des Autors Erich Schmidt-Eenboom, die Journalisten hätten seit den 70er Jahren für den deutschen Geheimdienst als V-Leute zur Verfügung gestanden.
     24.08.: Nach Angaben des Berliner Innenstaatssekretärs Kuno Böse (CDU) nehmen die Aktivitäten fremder Geheimdienste in Berlin zu. Der zuständige Bereich beim Landesamt für Verfassungsschutz müsse deshalb personell und materiell ausgebaut werden.
Das Amtsgericht Berlin- Tiergarten verurteilt einen Studenten, der bei den Unruhen am 1. Mai in Kreuzberg eine Bierflasche auf einen Polizisten geschleudert hat, wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte und schwerer Körperverletzung zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung.
     25.08.: Die Bundesregierung teilt mit, daß 1997 bundesweit in fast 7.800 Fällen das Abhören von Telefonen durch die Polizei angeordnet worden war, meist wegen des Verdachts auf Drogendelikte.
     26.08.: Hans Ulrich Voss wird neuer Chef des Landeskriminalamtes (LKA) in Berlin.
     27.08.: Der frühere Chef des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Elmar Schmähling , wird wegen Konkursverschleppung, Untreue und Betrug zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Das Berliner Kammergericht verurteilt einen vom Dienst suspendierten Polizisten wegen seiner Spitzeltätigkeit für das MfS zu einer Geldstrafe von 12.000 DM.
     31.08.: Es wird bekannt, daß ein deutsches Strafgericht zum ersten Mal einen Lügendetektortest als Beweismittel in einem Prozeß zugelassen hat. Der wegen Vergewaltigung in der Ehe Angeklagte will mit Hilfe des Polygraphen seine Unschuld beweisen. Am 8.9. wird der Mann freigesprochen, da das Gutachten auf der Grundlage des Lügendetektortests seine Unschuldsbeteuerung unterstützt.

September 1998

     01.09.: In Hamburg nimmt die erste unabhängige „Polizeikommission“ für eine Probelaufzeit von zwei Jahren ihre Arbeit auf. Die ehrenamtliche Kommission, bestehend aus zwei Rechtsanwälten und einem Kriminologen, soll Fehlentwicklungen innerhalb der Polizei frühzeitig entgegenwirken.
Die Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes tritt in Kraft. Dem Gesetz zufolge dürfen BGS-Beamte künftig auch auf Bahnhöfen, in Zügen und auf Flughäfen Personen ohne konkreten Verdacht kontrollieren.
Die Telekom und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz bestätigen den Bericht des TV-Magazins „Report“, wonach die Polizei sämtliche Telefonverbindungen im deutschen Festnetz zwei Tage zurückverfolgen kann.
     02.09.: Das Bundesverfassungsgericht gibt der Verfassungsbeschwerde eines libanesischen Flüchtlings gegen einen ablehnenden Asylbescheid statt. Nach Ansicht des Gerichts besteht in Deutschland auch Anspruch auf Asyl , wenn Asylsuchende in ihrer Heimat bei einer „normalen Strafverfolgung“ wegen ihrer politischen Überzeugung härter als andere Straftäter behandelt werden.
In der bislang international größten Polizeiaktion gegen Kinderporno-Handel im Internet werden knapp 200 Tatverdächtige zeitgleich in 21 Staaten überprüft, darunter auch 18 Personen in Deutschland.
     04.09.: Laut dem Jugenddelinquenzbericht des Berliner LKA hat die Jugendkriminalität im vergangenen Jahr nicht zugenommen, sondern es haben sich lediglich einige Kriminalitätsschwerpunkte verlagert. Damit kommt das LKA zu einem anderen Ergebnis als die Halbjahresstatistik des BKA, die eine Steigerung von rund 8% im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität registriert.
Bei einer Schießerei mit drei Einbrechern in Velbert bei Essen wird ein Polizist lebensgefährlich verletzt . Sein Kollege wird von den Angreifern mit Tritten und Schlägen überwältigt.
     08.09.: Der mutmaßliche Terrorist Hans-Joachim Klein wird durch französische Anti-Terror-Experten im Departement Orne festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, ein Komplize des in Frankreich inhaftierten Terroristen „Carlos“ zu sein und sich an der Geiselnahme von elf Ministern bei der OPEC-Konferenz am 21.12.1975 in Wien beteiligt zu haben.
     10.09.: Das Stuttgarter Landgericht verwarnt einen Polizisten wegen zweifacher Körperverletzung im Amt . Das Gericht verurteilt ihn unter Vorbehalt zu einer Geldstrafe von 4.200 DM, die gezahlt werden muß, wenn er sich innerhalb eines Jahres erneut strafbar macht.
     14.09.: Die Polizei wird künftig keine eigenen Angaben mehr über die Teilnehmerzahlen bei größeren Veranstaltungen in Berlin machen, da es in der Vergangenheit zum Teil zu großen Differenzen zwischen Polizeischätzungen und Veranstalterangaben gekommen ist.
     15.09.: Norbert Spinrath wird neuer Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
     16.09.: Die bayerische Polizei verhaftet in München den Sudanesen Mamduh Mahmud Salim, der ein mutmaßliches führendes Mitglied der internationalen Terrororganisation des saudi-arabischen Multimillionärs Osama Bin Laden sein soll. Bin Laden gilt als Drahtzieher der beiden Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam am 7.8., bei denen 260 Menschen getötet wurden. Am 25.9. erhebt die US-Justiz offiziell Mordanklage gegen Salim.
     19.09.: In Rostock findet die Kundgebung der rechtsextremen NPD zum Wahlkampfabschluß mit ca. 5.000 Teilnehmern statt. Das bislang größte Polizeiaufgebot in Mecklenburg-Vorpommern mit rund 6.000 Polizisten aus 15 Bundesländern verhindert ein Zusammentreffen der etwa 8.000 Gegendemonstranten vom „Bündnis gegen Rechts“ und 2.500 Autonomen mit den NPD-Sympathisanten. Insgesamt werden 127 Personen vorläufig festgenommen, fünf Haftbefehle erlassen und etwa 30 Strafverfahren eingeleitet. Die Kosten des Polizeieinsatzes belaufen sich auf sieben Millionen DM.
     24.09.: Laut einer dpa-Umfrage wird der Große Lauschangriff zur Verbrechensbekämpfung in den meisten Bundesländern nicht eingesetzt. Ausnahmen sind Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg.
     25.09.: Mit mehr als 30.000 Polizeivollzugsbeamten erreicht der Bundesgrenzschutz (BGS) in diesem Jahr den höchsten Personalstand in seiner Geschichte. Insgesamt sind im BGS über 40.000 Bedienstete tätig.
     26.09.: Ein Großaufgebot der Polizei verhindert bei einer Wahlkampfkundgebung der rechtsextremen DVU mit rund 3.000 Anhängern in Passau Zusammenstöße mit etwa 1.200 GegendemonstrantInnen. Es werden insgesamt 18 Personen, zumeist aus dem linken Spektrum, festgenommen.
     29.09.: Das Bonner Landgericht weist die Zivilklage der Eltern des mutmaßlichen RAF-Terroristen Wolfgang Grams ab. Die Eltern verklagten die Bundesregierung auf Erstattung der Beerdigungskosten für ihren Sohn, der bei dem GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen ums Leben gekommen war. In der Urteilsbegründung stellen die Richter fest, daß es weder für eine Fremdtötung noch für einen Selbstmord überzeugende Beweise gäbe.

Oktober 1998

     01.10.: Das Landgericht Frankfurt/Main verurteilt R. K. wegen der Ermordung des Kaufmanns Jakub Fiszman und erpresserischen Menschenraubes in zwei Fällen zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Sein Sohn S. wird wegen Beihilfe zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
In einem Hamburger Asylbewerberheim werden bei einer Drogenrazzia mit 300 Beamten 50 Personen festgenommen.
Zwei Hamburger Polizeibeamte, die den Journalisten Oliver Neß 1994 bei einem Demonstrationseinsatz schwer verletzt hatten, werden in der Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen. (Az.: 5 StR 239/98)
     03.10.: Eine Gruppe von 24 Skinheads greift einen 21jährigen US-Soldaten in einem Regionalzug in Bayern an und mißhandelt ihn. Die Täter werden auf dem Münchner Hauptbahnhof von etwa 40 Polizeibeamten festgenommen.
     04.10.: Die Berliner Polizei zerschlägt einen international agierenden Kokain-Ring . Ihm soll ein Polizeibeamter angehören, der die Bande vor geplanten Razzien und Fahndungen gewarnt haben soll.
     05.10.: Ein 41jähriger Polizeibeamter aus Magdeburg wird vom Amtsgericht Dannenberg wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe von 16.800 DM verurteilt. Er hatte bei einer Protestaktion vor dem Castor-Transport nach Gorleben 1997 einem AKW-Gegner ohne rechtfertigenden Anlaß Tränengas ins Gesicht gesprüht.
     07.10.: Die Fluchthelfer des früheren Immobilienkaufmanns Jürgen Schneider werden vom Frankfurter Landgericht freigesprochen.
     11.10.: Bei der Absicherung einer Unfallstelle auf der Autobahn bei Herleshausen wird ein Polizist tödlich verletzt .
     12.10.: Das Landgericht Wiesbaden verurteilt einen ehemaligen Kriminalhauptkommissar des Bundeskriminalamtes wegen Bestechlichkeit und Verrats von Dienstgeheimnissen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Der Beamte hatte zahlreiche Unterlagen über die mißlungene Antiterroraktion in Bad Kleinen an die Presse weiter gegeben.
In Brandenburg nimmt erstmals ein mobiler ziviler Einsatztrupp zur Verhinderung von Straftaten auf Autobahnen und deren Umgebung seinen Dienst auf.
     16.10.: Die Berliner Polizei nimmt sechs Personen aus der rechtsextremen Skinheadszene fest und beschlagnahmt 500 CDs mit brauner Rockmusik. Die Polizeiaktion richtet sich vor allem gegen die Berliner Band „Landser“.
     17.10.: Rund 500 Personen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt demonstrieren gegen „faschistische Strukturen in Königs-Wusterhausen und anderswo“. Die 300 Polizeibeamten erteilen 50 Platzverweise, nehmen zwölf Linke und zwei Rechte in Gewahrsam und zehn Personen wegen Gewaltanwendung und Widerstand fest. Sechs Beamte und einige DemonstrantInnen werden leicht verletzt, sieben Personen vorläufig festgenommen.
     21.10.: Nach einem Verwaltungsgerichtsurteil der Stadt Göttingen können Städte und Gemeinden zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität einen mehrmonatigen Platzverweis gegen Drogenhändler verhängen.
     24.10.: In Hannover demonstrieren trotz Versammlungsverbot mehrere Anhänger der kurdischen Arbeiterpartei PKK . Die Polizei nimmt insgesamt 72 Anhänger in Gewahrsam.
Bei einer Demonstration von rund 600 Kurden kommt es in Berlin zu Ausschreitungen, bei denen 17 Demonstranten vorläufig festgenommen und fünf Polizisten leicht verletzt werden.
Am Rande einer Demonstration der rechtsextremen NPD in Bonn kommt es zu Zusammenstößen zwischen Gegendemonstranten aus der linken Szene und der Polizei. Zwölf Beamte und drei Demonstranten werden zumeist durch Stein- und Flaschenwürfe leicht verletzt. 221 Personen werden vorläufig festgenommen. Insgesamt kesselt die Polizei die Gegendemonstranten für drei Stunden ein.
Auf Anfrage der PDS-Abgeordneten Marion Seelig teilt Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) mit, daß 1997 insgesamt 2.262 Strafverfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet wurden. Fast die Hälfte betrafen Körperverletzungen im Amt. Im ersten Halbjahr 1998 waren es 1.026 Strafverfahren, davon 467 wegen Körperverletzung im Amt. Von den über 2.200 Strafverfahren 1997 endeten lediglich 54 mit einer Verurteilung, 1.935 wurden eingestellt.
     28.10.: Der hessische Landtag erleichtert Polizeikontrollen auf Bundesstraßen und Autobahnen, wenn der Verdacht auf Bandendiebstahl, Hehlerei, Drogen- oder Menschenhandel besteht. Die sogenannte Schleierfahndung wird von Seiten der rot-grünen Landesregierung abgelehnt.

Simone Breddermann und Katharina Kempfer studieren Politische Wissenschaft an der FU Berlin.

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© Bürgerrechte & Polizei/CILIP 1998
HTML-Auszeichnung: Felix Bübl. Zuletzt verändert am 24. Februar 2008.