Bürgerrechte & Polizei/CILIP 61 (3/98) | |
TECS Europols Computersysteme
Zwischenlösung geht in Betrieb |
|
| |
von Heiner Busch | |
| |
Zum
1. Oktober ist die Europol-Konvention in Kraft getreten. Bis sämtliche der
unter dem Kürzel TECS (The Europol Computer Systems)
zusammengefaßten Datensysteme des Europäischen Polizeiamtes in
Betrieb gehen, dürften noch einige Jahre verstreichen. Beruhigen kann das
aber nicht, denn schon die Zwischenlösung hat es in sich.
Als
im Juli 1995 die Europol-Konvention unterzeichnet wurde, verkündete
Europol-Chef Jürgen Storbeck, daß man jetzt daran gehen müsse,
die Datensysteme des Amtes zu planen, damit diese gleichzeitig mit dem
Inkrafttreten des Vertrages in Betrieb gehen könnten. Tatsächlich
erhielt die britische Firma CREW-Services 1996 den Zuschlag zur Ausarbeitung
des Statement of requirements, der Durchführbarkeitsstudie.
In einer zweiten Phase wurde UNISYS mit der Spezifizierung dieser Pläne
beauftragt. Trotz des frühen Beginns der Planungen und der langen Zeit,
die die Ratifizierung des Vertrages in Anspruch nahm, ist mit einem vollen
Betrieb aller Untersysteme von TECS erst im Jahre 2001 zu rechnen. Die
Nachricht von der Verzögerung hat im Sommer dieses Jahres eine
klammheimliche Freude in linken und bürgerrechtlichen Kreisen aufkommen
lassen. Die Häme dürfte aber nicht von Dauer sein.
Denn
schon im Herbst 1997 haben die zuständigen Gremien der Dritten Säule
der EU, die Europol-Arbeitsgruppe und der K4-Ausschuß, eine
Zwischenlösung vereinbart. Der Rat der Innen- und Justizminister hat diese
Entscheidung im März dieses Jahres abgesegnet. Die Zwischenlösung
entspricht, wie ein hoher Europol-Beamter auf telefonische Anfrage
erklärte, im wesentlichen dem späteren Analyse-System, auf dem die
Arbeitsdateien zu Analysezwecken betrieben werden sollen. Damit steht einer der
beiden Pfeiler von TECS. Im Unterschied zum Informationssystem,
das eine Registerdatenbank über Verurteilte, Verdächtige und
potentiell verdächtige Personen darstellen wird, dürfen in den
Arbeitsdateien auch (potentielle) Opfer, Kontaktpersonen, (potentielle)
ZeugInnen und andere Personen gespeichert werden. Auch die Art
der zu speichernden Daten ist weitgehend offen. Selbst Daten über
Gesundheit, Sexualität und Rassenzugehörigkeit dürfen
erfaßt werden, sofern sie für die Analyse notwendig erscheinen.
Unmittelbaren Zugang zu den Daten erhalten nur die Mitglieder der jeweiligen
Analyse-Gruppe, Europol-Bedienstete und Verbindungsbeamte bzw. SpezialistInnen
der betroffenen Mitgliedstaaten. Einen online-Zugriff der
nationalen Polizeizentralen, wie er für das Informationssystem vorgesehen
ist, soll es bei den Analysedateien nicht geben.
Millionenkapazität Millionenkosten
Laut
Aussagen des genannten Europol-Beamten waren die Testläufe für die
Zwischenlösung bereits im Sommer dieses Jahres
abgeschlossen. Danach sei es prinzipiell möglich, insgesamt 5.000
Arbeitsdateien mit jeweils mehreren Tausend Datensätzen parallel zu
betreiben. In der Praxis sei aber nur von einigen Hunderten auszugehen. Rund
eine Million Datensätze sollen auf dem noch aufzubauenden
Informationssystem Platz haben.
Wie
der Zugang der nationalen Polizeizentralen für dieses zweite Standbein von
TECS technisch geregelt wird, ist noch unklar. Eine denkbare Lösung
wäre die des Schengener Informationssystems (SIS). Hier werden alle Daten
parallel in einer zentralen Komponente und in den nationalen Systemen der
angeschlossenen Staaten gespeichert. Das SIS war ursprünglich für
acht teilnehmende Staaten konzipiert. Mittlerweile sind es zehn. Der Beitritt
weiterer Mitglieder zum Schengener Club zwingt die Vertragsstaaten nun zum
Aufbau eines neuen SIS der zweiten Generation und damit zu weiteren
Investitionen in Millionenhöhe.
Angesichts
der bevorstehenden Erweiterung der EU und damit auch des Kreises der an Europol
beteiligten Staaten will man von den Schengener Erfahrungen lernen. Die Kosten
für TECS sind ohnehin schon größer als anfänglich gedacht.
1996 sprach das Bundesinnenministerium im Haushaltsausschuß des
Bundestages von etwa 20 Mio. ECU. Der von uns befragte Europol-Beamte rechnet
jetzt mit ungefähr 35 Mio. Euro.
Heiner
Busch ist Redakteur von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.
| |
Startseite | Inhaltsverzeichnis | |
© Bürgerrechte & Polizei/CILIP 1998 HTML-Auszeichnung: Felix Bübl. Zuletzt verändert am 31. Dezember 1998. |