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Bürgerrechte & Polizei/CILIP 70 (3/2001), S. 91-99


Chronologie

zusammengesetllt von Petra Schmittner

Juli 2001

03.07.: Unterlagen zurück an Mahler: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheidet, dass NPD-Anwalt Horst Mahler die am 11.6. beschlagnahmten Unterlagen "unverzüglich" zurückbekommen müsse, um das NPD-Verbotsverfahren nicht zu beeinträchtigen. (Az.: 2 BvB 1/01, 2/01, 3/01)

04.07.: Geldwäsche-Urteil gegen Strafverteidiger: Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt die Verurteilung zweier Anwälte zu Bewährungsstrafen von neun Monaten. Das Landgericht (LG) Frankfurt/M. hatte entschieden, dass Anwälte für ihre Dienste kein Geld entgegennehmen dürfen, das aus einer Straftat herrührt. (Az.: 2 StR 513/00)
Keine Veröffentlichung von Kohls Stasi-Akten: Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin gibt der Klage des Alt-Bundeskanzlers statt. Die Gauck-Behörde darf künftig personenbezogene Akten nur mit Kohls Erlaubnis an Medien oder Wissenschaftler geben. (Az.: VG 1 A 389.00)

06.07.: Gesetz erweitert Zeugnisverweigerungsrecht: Der Bundestag dehnt das journalistische Zeugnisverweigerungsrecht auf selbst recherchierte Materialien und alle "berufsbezogenen Wahrnehmungen" aus. Es gilt künftig auch für nicht-periodische Druckwerke, Informations- und Kommunikationsdienste sowie Filmberichte.

12.07.: Love Parade keine politische Demonstration: Die Veranstalter können sich nicht, so das BVerfG, auf die Versammlungsfreiheit berufen (Az.: 1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01). Die Kosten für die Reinigung müssen die Veranstalter daher selbst tragen.
Kommission präsentiert "Sicherheitsbericht": Der im Auftrag der Bundesministerien des Innern und für Justiz erstellte Bericht verbindet erstmals Daten der Polizeilichen Kriminal- und der Urteilsstatistiken mit Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen. Er vermeldet u.a. Rückgänge bei Tötungs- und Sexualdelikten. AusländerInnen würden häufiger verurteilt, als es ihrem Anteil an den Tatverdächtigen entspricht.

14.07.: Polizist erschießt 26-jährige Frau: Eine 26-jährige Senegalesin wird in der Wohnung ihres getrennt lebenden Ehemannes in Aschaffenburg von einem Polizisten aus 1,5 m Entfernung erschossen. Der Ehemann hatte die Beamten gerufen, um die Frau zum Verlassen der Wohnung zu bewegen. Nach einem Streit sticht die Frau mit einem 20 cm langen Küchenmesser auf einen der Polizeibeamten ein. Dieser kann den Stich abwehren. Als sie ein zweites Mal zusticht, fordert der zweite Polizeibeamte sie auf, das Messer wegzulegen. Da die Frau nicht reagiert, schießt er. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht, da es sich "eindeutig um Nothilfe" gehandelt habe. Nach Angaben der Black Students Organisation habe die Polizei dagegen sofort nach dem Eintreffen Partei für den Ehemann ergriffen.

16.07.: Ausreiseverbot für Demonstranten: Das VG Berlin bestätigt vor dem G8-Gipfel in Genua verhängte Ausreiseverbote und Meldeauflagen gegen zwei Globalisierungsgegner. (Az.: VG 1 A 232.01/233.01)

18.07.: Demonstration gegen öffentliches Gelöbnis verboten: Das "Büro für antimilitaristische Maßnahmen" darf nur mit einem Abstand von 200 m vom Bendlerblock in Berlin demonstrieren. Zwei Versammlungen, die unmittelbar am Gelöbnisort stattfinden sollten, werden vom Berliner VG untersagt. (Az.: VG 1 A 234.01 und VG 1 A 239.01)
Bundesanwalt ermittelt wegen Brandanschlag auf Vietnamesen: Die Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen gegen drei deutsche Jugendliche, die in der Nacht zum 29.6. in Jessnitz nahe Dessau einen Brandanschlag auf ein vietnamesisches Textilgeschäft verübt haben.

19.07.: Demonstranten gegen EU-Gipfel in Göteborg angeklagt: Das Auswärtige Amt teilt mit, die schwedische Staatsanwaltschaft habe Anklage gegen zwei Berliner wegen der Krawalle beim EU-Gipfel erhoben. Am 2.8. verurteilt das Amtsgericht Göteborg einen Demonstranten wegen Rädelsführerschaft und schwerem Landfriedensbruch zu 14 Monaten, am 19.9. wird ein weiterer Demonstrant vom Oberlandesgericht Göteborg wegen Steinewerfens zu zwei Jahren Haft verurteilt.

23.07.: Polizeibeamte unter Korruptionsverdacht: Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bestechlichkeit beim Einkauf von Abhörgeräten und Peilsendern gegen Beamte von vier Landeskriminalämtern, des Zollkriminalamtes sowie gegen drei Mitarbeiter des BKA. Diese werden verdächtigt, ein Elektronikunternehmen in Hessen mit Aufträgen im Wert von 50 Millionen DM begünstigt zu haben.

25.07.: Kein Mord durch Neonazis: Die Dresdner Staatsanwaltschaft stellt ihre Ermittlungen um den Tod des sechs Jahre alten Joseph Kantelberg-Abdulla ein. Im November 2000 hatten Zeugen ausgesagt, das Kind sei von Neonazis mit Elektroschocks gequält und ertränkt worden. Inzwischen habe sich herausgestellt, dass der Junge an einem Herzstillstand gestorben sei. Die Eltern des Jungen hätten Zeugen zu Falschaussagen gedrängt.

27.07.: Asylbewerber bei Abschiebung durch BGS-Beamte erdrückt: Ein Rechtsmedizin-Gutachten stellt fest, dass drei Bundesgrenzschutzbeamte Aamir Ageeb während der Abschiebung am 28. Mai 1999 durch Niederdrücken erstickt haben. Dem Sudanesen wurden dabei mehrere Rippen gebrochen. Ein Motorradhelm, der zunächst als Ursache für das Ersticken gegolten hatte, habe dagegen keine entscheidende Rolle gespielt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob die Beamten wegen fahrlässiger Tötung angeklagt werden.
Antirassistisches Grenzcamp: 1.000 GrenzcamperInnen protestieren über eine Woche lang in Frankfurt/M. gegen Abschiebungen und für offene Grenzen. Wegen Widerstands gegen Polizeibeamte werden nach einer Demonstration am 31.7. drei Grenzcamper aus einem Zug heraus festgenommen, einige DemonstrantInnen werden dabei verletzt.


August 2001

01.08.: Einreiseverbote für GlobalisierungsgegnerInnen: Deutschland fordert Italien zur Rücknahme des Einreiseverbots gegen 40 bis 50 deutsche GlobalisierungsgegnerInnen auf. Aus der Haft entlassene TeilnehmerInnen der Demonstrationen in Genua hatten bei ihrer Abschiebung aus Italien ein Formular erhalten, wonach sie fünf Jahre lang nicht wieder einreisen dürften.
Bahn will härter gegen "Problemgruppen" vorgehen: Das Testprojekt "Sicherer Bahnhof", das bisher in Frankfurt/Main, Essen, Hamburg und Berlin das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste steigern soll, wird auf die Bahnhöfe Berlin-Zoo, Hannover, Dresden und Neustadt ausgedehnt. Sonderstreifen mit "Mehrzweck-Rettungsstock" sollen RandaliererInnen, aggressive BettlerInnen sowie DealerInnen und Junkies aus größeren Bahnhöfen vertreiben.

03.08.: Gesetz zum Test der registergestützten Volkszählung in Kraft: Die neue Zensusmethode stützt sich auf Daten der Einwohnermelderegister und der Bundesanstalt für Arbeit, deren Eignung zunächst mit Ergebnissen aus postalischen Befragungen bei Gebäudeeigentümern und Bewohnern ermittelt werden soll.

05.08.: Rechte Jugendliche quälen Mann zu Tode: In Halle wird ein 59-Jähriger von drei rechten Jugendlichen 24 Stunden lang geschlagen, getreten, mit Chemikalien bespritzt und zweimal angezündet. Außerdem fügen die Jugendlichen ihm bis zu 15 Zentimeter lange Schnittwunden zu und brechen ihm den Unterkiefer. Am 13.8. erliegt der Mann seinen Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags.

08.08.: BKA baut Fingerabdruck-Datei aus: In das automatisierte Fingerabdruck-Identifizierungssystem (AFIS) des BKA werden künftig auch Abdrücke von Handflächen aufgenommen.

09.08.: Obdachloser erschlagen: Fünf junge Männer prügeln in Dahlewitz bei Berlin einen Obdachlosen zu Tode. Einen rechtsradikalen Hintergrund schließt die Staatsanwalt "ausdrücklich" aus.
Polizeispitzel darf Täter nicht anstiften: Der BGH entscheidet, dass polizeiliche Lockspitzel einen Haschischhändler nicht zu wesentlich schwerwiegenderen Straftaten als von ihm geplant verleiten dürfen. (Az.: 1 StR 42/01)

10.08.: Lagebild Organisierte Kriminalität (OK): Bundesinnenminister Otto Schily stellt in Berlin das "Lagebild zur Organisierten Kriminalität 2000" vor. Danach belief sich die Schadenshöhe bei 854 Verfahren (1999: 816) auf 7,28 Milliarden DM (1999: 1,42 Milliarden). Insgesamt wurden 9.421 Tatverdächtige ermittelt und Vermögenswerte im Wert von 538 Millionen DM (1999: 118 Millionen) beschlagnahmt.

12.08.: Kritik an Handy-Ortungssystem der Polizei: Das Bundesinnenministerium widerspricht einem Bericht des "Spiegel", wonach die Polizei eine Anlage zur Ortung von Handy-Benutzern (IMSI-Catcher) illegal eingesetzt habe. Das Vorgehen sei durch die Strafprozessordnung abgedeckt. Die Polizeibehörden berufen sich seit einer 1999 ausgelaufenen Versuchsfunkgenehmigung beim Einsatz auf den "rechtfertigenden Notstand".

13.08.: Keine Genehmigung für Skater-Demonstrationen: In Berlin verweigert die Versammlungsbehörde zwei Demonstrationen von Inline-Skatern die Genehmigung, da hierbei der "Spaßfaktor überwiege". Innensenator Körting legt daraufhin Rahmenbedingungen für Skater-Demos als politische Demonstrationen fest.

16.08.: Vietnamesische Familie darf in Deutschland bleiben: Die Familie Nguyen, die seit 1973 ununterbrochen in Deutschland lebt und trotzdem nach Vietnam ausreisen sollte, darf auf Druck der Öffentlichkeit hin in Deutschland bleiben.

17.08.: Halbjahresbilanz politisch motivierter Straftaten: Im ersten Halbjahr 2001 wurden im neuen kriminalpolizeilichen Meldedienst "Politisch motivierte Kriminalität" 11.593 Straftaten erfasst (1.785 von Linken, 7.729 von Rechten, 373 von Ausländern). Von den 1.017 politisch motivierten Gewalttaten werden 411 Linken, 430 Rechten und 94 Ausländern zugeordnet. Ein Vorjahresvergleich ist nicht möglich, da die im Mai von der Innenministerkonferenz beschlossenen Meldekriterien gegenüber dem bisherigen Meldedienst "Staatsschutz" erweitert worden waren.
Polizistenmord wird neu verhandelt: Der BGH hebt das Urteil des LG Fulda gegen einen Busfahrer auf, der im Januar 2000 nach einer Geschwindigkeitskontrolle einen Polizisten erschossen hatte und zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Der Angeklagte muss nun mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes rechnen. (Az.: 2 StR 159/01)

22.08.: Kein Ermittlungsverfahren gegen Polizisten: Gegen die Polizisten, die am 5.6. im brandenburgischen Ruhland einen Randalierer überwältigt hatten, der daraufhin erstickt war, wird nicht ermittelt.

23.08.: Selbsttötung von LKA-Beamten: Es wird bekannt, dass sich zwei Beamte des Thüringer Landeskriminalamtes aus dienstlichen und privaten Gründen umgebracht haben. Einer erschoss sich mit der Dienstwaffe.

25.08.: Ausreiseverbote: Es wird bekannt, dass die deutsche Polizei im Vorfeld des G-8-Gipfels in Genua elf Personen an der Ausreise nach Italien gehindert hat. 749 Personen seien länger als eine Stunde festgehalten worden.

26.08.: Vorwürfe gegen Thüringens Innenminister: Die "Thüringer Allgemeine" berichtet, dass Landesinnenminister Köckert (CDU) dem Verfassungsschutz im Mai 2000 einen Auftrag zur Bespitzelung zweier Kommunalbeamter einer freien Wählergemeinschaft erteilt habe. Damit habe er eine Niederlage der CDU im Ort Blankenhain bei Weimar verhindern wollen. Der ehemalige Verfassungsschutzchef Helmut Roewer bestätigt einen solchen Auftrag. Das Innenministerium dagegen dementiert die Vorwürfe. Der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, soll klären, ob die Vorwürfe haltbar sind.
Rechtsextreme Internetseiten gesperrt: Bei der ersten internationalen Aktion der Zentralstelle der Bundesländer für Jugendschutz im Internet werden 15 im Ausland ins Internet gestellte Seiten gesperrt.

28.08.: Polizist wegen Körperverletzung im Amt verurteilt: Das LG Frankfurt/Main verurteilt einen Hauptkommissar der Bereitschaftspolizei wegen sechsfacher Körperverletzung und Verwahrungsbruchs zu einer Geldstrafe von 25.200 DM (360 Tagessätze à 70 DM). Er habe Demonstranten geohrfeigt, getreten und mit dem Schlagstock geschlagen und war 1999 von Kollegen belastet worden.

29.08.: Polizist schießt auf betrunkenen Fahrradfahrer: Ein Radfahrer bedroht bei einer Kontrolle in Fürstenfeldbruck Polizisten mit einer Schreckschuss-Pistole. Er will damit einer Alkohol-Überprüfung entgehen. Nach einigen Warnschüssen schießt ein Kollege der bedrohten Polizistin in die rechte Hand des Fahrradfahrers.

30.08.: Verfahren gegen untätige Polizisten: Gegen vier Berliner Polizisten wird ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen eröffnet. Aus Angst hatten die Beamten am 9.6.1998 20 Minuten tatenlos vor der Kneipe gewartet, in der die Wirtin von Räubern schwer misshandelt wurde.
Ingewahrsamnahme von Castor-Gegnern rechtswidrig: AtomkraftgegnerInnen stellen acht Urteile des VG Münster vor, in denen die polizeiliche Ingewahrsamnahme während des Castortransportes im März 1998 als rechtswidrig bezeichnet wird. Das Gericht beanstandete, dass in keinem Fall die vorgeschriebene richterliche Entscheidung eingeholt worden sei.


September 2001

01.09.: Bayern legalisiert Videoüberwachung: Nach der in Kraft getretenen Änderung des Polizeiaufgabengesetzes darf die Polizei zur Gefahrenabwehr und an sogenannten gefährlichen Orten, sofern sie öffentlich zugänglich sind, Bild- und Tonaufzeichnungen anfertigen.

04.09.: Freispruch für Schill: Der BGH hebt ein Urteil des LG Hamburg gegen den Hamburger Amtsrichter (und jetzigen Innensenator) Ronald Schill wegen Rechtsbeugung im Amt auf. Nicht jede fehlerhafte Auslegung von Verfahrensrecht sei gleich ein Rechtsbruch. (Az.: 5 StR 92/01)

05.09.: Castor-GegnerInnen sollen für Internierung zahlen: 600 GegnerInnen des Atommülltransports nach Gorleben werden für ihren Zwangsaufenthalt in einer Zelle und eine Fahrt im Polizeiauto mit 108 DM pro Tag zur Kasse gebeten. Rund 300 Betroffene klagen dagegen.

06.09.: Münchner Burschenschafter verfassungsfeindlich: Das bayerische Innenministerium setzt die rechtsgerichtete Burschenschaft Danubia rückwirkend auf die Liste verfassungsfeindlicher Organisationen.

07.09.: Verfassungsschutz Hessen zählt ExtremistInnen: Etwa 6.000 Mitglieder extremistischer Ausländerorganisationen werden vom Hessischen Verfassungsschutz besonders aufmerksam beobachtet. Die rechtsextreme Szene stagniert laut Verfassungsschutzbericht bei 4.800, die linksextremistische bei 3.320 Personen.

11.09.: Verfahren gegen Polizisten eingestellt: Das Verfahren gegen einen SEK-Beamten, der am 29.1. in einem Berliner Supermarkt tödliche Schüsse auf einen 22-Jährigen abgab, wird eingestellt. Gemeinsam mit Freunden wollte der Getötete einen Supermarkt überfallen. Auf der Flucht nach draußen stieß er auf zwei Polizisten, auf die er mit einer Schreckschusspistole in der Hand zulief. Ein SEK-Beamter zielte drei Mal auf den Arm, traf aber Brust und Rücken.

13.09.: Neues Polizeigesetz in Bremen in Kraft: Zulässig sind u.a. nun verdeckte Datenerhebungen wie z.B. durch V-Personen, Verdeckte Ermittler oder technische Mittel sowie Videoüberwachung an öffentlichen Orten. Legalisiert wird auch der gezielte Todesschuss. Die neuerliche Änderung des Gesetzes, die Rasterfahndung und Wohnungsverweisung ermöglicht, tritt am 27.10. in Kraft.

16.09.: KZ-Gedenkstätte geschändet: Die Außenwände der beiden Häftlingsbaracken in Dachau werden großflächig mit antisemitischen und anti-amerikanischen Parolen beschmiert.

18.09.: Atomkraftgegner freigesprochen: Das Amtsgericht Lüneburg spricht einen Atomkraftgegner vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung frei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen drei Polizisten wegen Meineides. Ein Lüneburger Richter war Zeuge, als die Polizeibeamten die Ventile an den Autoreifen des Angeklagten abschneiden wollten und daran von dem Angeklagten gehindert wurden.

23.09.: Skinheads überfallen türkischen Zeugen: Zwei Angreifer passen den türkischen Helfer und Zeugen im Prozess um einen am 13.1. in München beinahe tot geprügelten Griechen ab, schlagen ihn ins Gesicht und fügen ihm Stichverletzungen am Fuß zu.

28.09.: Polizei durchsucht Räume von BILD: Auf der Suche nach dem Zeugen eines Umweltverbrechens durchsucht die Staatsanwaltschaft Räume der BILD-Redaktion in Dresden. Bild-Chefredakteur Dieckmann bezeichnet die Aktion als "verfassungswidrig".

29.09.: Größter Schleuserfall an tschechischer Grenze: 100 Rumänen kommen in zwei Kleintransportern zusammengepfercht über die Grenze zu Tschechien nach Deutschland. Fahnder des Bundesgrenzschutzes schicken einige zurück nach Tschechien, die anderen werden in die rumänische Hauptstadt Bukarest geflogen.


Oktober 2001

03.10.: NPD-Demo am Tag der deutschen Einheit: In Berlin demonstrieren 700 Neonazis. Trotz eines Verbotes rechtfertigen mehrere Redner die Terroranschläge in den USA. An einer Gegenkundgebung nehmen 1.200 Personen teil. 4.000 PolizistInnen begleiten die Demonstration.

11.10.: Jugendstrafe für Brandanschlag auf Synagoge: Das Landgericht Düsseldorf verurteilt zwei Jugendliche wegen des Brandanschlages auf eine Synagoge in der Nacht zum 3. Oktober 2000 zu zweieinhalb Jahren Haft und zu 22 Monaten Jugendstrafe mit Bewährung.

12.10.: Polizei erfasst Sinti und Roma nicht mehr gesondert: Dem bayerischen Innenministerium zufolge soll die Rubrik "Sinti/Roma" nicht mehr in Polizeiformularen zur Personenbeschreibung geführt werden. Auch Sonderdateien über Autokennzeichen und so genannte Sippenführer von Sinti und Roma werden gesperrt. Die Kategorie "südländisch" bleibt allerdings bestehen.

17.10.: Durchsuchung bei Online-DemonstrantInnen: Die Polizei Frankfurt/Main durchsucht die Räume der Initiative "Libertad". Gemeinsam mit 150 Menschenrechtsgruppen hatte diese zu einer Online-Demonstration gegen die Abschiebung von Flüchtlingen durch die Lufthansa aufgerufen, der am 20.6. über 13.500 Menschen nachkamen.

19.10.: Anklage gegen Weinrich: Es wird bekannt, dass der zu lebenslanger Haft verurteilte Terrorist Johannes Weinrich wegen sechsfachen Mordes und Mordversuchs in 153 Fällen angeklagt werden soll. Weinrich wird vorgeworfen, für sechs Attentate in Paris, München, Athen und Marseille verantwortlich zu sein.

20.10.: Pannen bei INPOL-neu: Es wird bekannt, dass das bundesweite Fahndungssystem INPOL-neu wegen technischer Probleme erst 2005 in Betrieb gehen kann. Der Bundesrechnungshof rügt zudem die Verschwendung von Steuermitteln in dreistelliger Millionenhöhe.

24.10.: Bundesregierung beschließt Telekommunikationsüberwachungsverordnung: Die Verordnung regelt die von Internet-Providern und anderen Diensteanbietern einzuhaltenden technischen und organisatorischen Vorkehrungen zum Abhören der Telekommunikation.

25.10.: Neues Polizeirecht in Mecklenburg-Vorpommern in Kraft: Danach ist die akustische Wohnraumüberwachung (Großer Lauschangriff) zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung nicht mehr zulässig; außerdem sind Kontrollmaßnahmen außerhalb des 30 km tiefen Grenzgebietes an engere Voraussetzungen geknüpft. Beide Änderungen waren aufgrund von Verfassungsgerichtsurteilen notwendig.

26.10.: Gericht billigt Videoüberwachung: Das VG Karlsruhe entscheidet, dass die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen mit den geltenden Gesetzen vereinbar ist. Es billigt die Einrichtung von Überwachungskameras an mehreren Stellen in Mannheim, an denen die Kriminalitätsrate besonders hoch ist. (Az.: 11 K 191/01)

27.10.: Demonstrationsverbote während des Castor-Transports: Die Bezirksregierung Lüneburg untersagt für die Zeit vom 5.-20.11. alle Protestaktionen entlang der Bahnstrecke Lüneburg-Dannenberg sowie entlang der Straße von Dannenberg nach Gorleben.

Petra Schmittner studiert Politikwissenschaft an der Philipps-Universität in Marburg.


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