Bürgerrechte & Polizei/CILIP 72 (2/2002) |
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Zusammenfassungen | |
Demokratie und Demonstrationenvon Wolf-Dieter NarrDas Recht auf Demonstrationen ist ein elementares Menschenrecht. Gegenüber den verkrusteten Beteiligungsformen der parlamentarischen Demokratie stellen öffentliche und kollektive Aktionen ein wichtiges demokratisches Korrektiv dar. Wer die Demokratie stärken will, darf deshalb nicht das Demonstrationsrecht beschneiden, sondern muss es selbst ausgiebig nutzen. Per Gesetz gegen ein Grundrechtvon Heiner BuschDas Versammlungsgesetz, autoritäre Traditionsbestände im Strafrecht und flexible Regelungen des neueren Polizeirechts bewirkten seit Gründung der Bundesrepublik, dass das Recht zu demonstrieren nicht grenzenlos galt. In einer kurzen Übersicht beschreibt der Aufsatz die gesetzlichen Wandlungen des Versammlungs(straf)rechts von 1949 bis heute. Verbote, Auflagen, Schikanenvon Wolfgang KaleckDas Brokdorf-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1985 verlangt von der Polizei ein grundsätzlich demonstrationsfreundliches Verhalten. Vor diesem Hintergrund betrachtet Kaleck verschiedene Beispiele von Demonstrationen und stellt fest, dass trotzdem weiterhin Demonstrationen mit fadenscheinigen Warnungen vor Gefahren für die öffentliche Ordnung verboten werden. Polizeistrategien gegen Demonstrationenvon Michael Sturm und Christoph EllinghausBis Ende der 60er Jahre orientierte sich die Polizei an militärischen Konzepten. Für den erwarteten Ausnahmezustand verfügte sie über schwere Waffen. Gegenüber der Studentenbewegung und ihren Demonstrationen erwiesen sich diese Konzepte als unbrauchbar. Die heutigen Strategien der Polizei sind flexibler: Sie bewegen sich zwischen den Extremen des "Konfliktmanagements" und der public relations einerseits und der massiven aber gezielten Gewaltanwendung durch Spezialeinheiten andererseits. Kostenrisiko Demonstrationvon Olaf GriebenowSeit den 70er Jahren gab es Versuche, politischen Protest zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko zu machen. Grundsätzlich lassen sich dabei drei verschiedene Vorgehensweisen unterscheiden: erstens der Versuch, die gesamten Kosten eines Polizeieinsatzes einzelnen identifizierten DemonstrantInnen aufzubürden; zweitens Schadensersatzforderungen der durch eine Blockade "geschädigten" Unternehmen oder Behörden; drittens präsentiert die Polizei Rechnungen für Ingewahrsamnahmen und andere polizeiliche Maßnahmen. Wendland ohne Demonstrationsrechtvon Elke StevenSeit dem ersten Atommülltransport in das atomare Zwischenlager Gorleben 1995 muss die Bevölkerung der Wendland-Region massive Einschränkungen ihrer demokratischen Rechte hinnehmen. Wochen vor dem Transport beginnt ein Ausnahmezustand, der die gesamte Region lahmlegt. Erfahrungen aus sieben Jahren Castor-Transporten werden in diesem Artikel zusammengetragen und analysiert. Polizeilicher Umgang mit Antifa-Demonstrationenvon Wilhelm AchelpöhlerWenn antifaschistische Gruppen gegen Nazi-Aufmärsche demonstrieren wollen, ist es das vorrangige Ziel der Polizei, die beiden Demonstrationsgruppen voneinander getrennt zu halten. Angemeldete Antifa-Demonstrationen riskieren ein Verbot oder unzumutbare Auflagen, Spontandemos werden häufig eingekesselt. Den 1. Mai in Berlin neu denkenvon Peter GrottianSeit Jahren war die Debatte um den 1. Mai im Berliner Bezirk Kreuzberg auf die Gewaltfrage fixiert. Einen Ausweg aus dieser Falle zu suchen, einen politischen und polizeifreien 1. Mai zu gestalten, das war das Ziel, das sich in diesem Jahr ein Bündnis von Personen aus Bürgerrechtsgruppen, MigrantInnenprojekten und lokalen Organisationen gesetzt hatte. Der Aufsatz beschreibt Ziele und Probleme des Ansatzes und analysiert, warum das Konzept "erfolgreich gescheitert" ist. Schwierigkeiten internationaler Demonstrationenvon Heiner BuschBei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua im Juli 2001 erschoss ein 20-jähriger Carabiniere einen 23-jährigen Demonstranten - ein Ergebnis der Eskalationsstrategie der reaktionären Regierung Berlusconi. Der Umgang mit internationalen Demonstrationen wird aber auch durch die Zusammenarbeit der EU-Staaten geprägt. Die Gefahr, dass militanter Protest zum Terrorismus gestempelt wird, ist seit dem 11. September enorm gewachsen. außerhalb des SchwerpunktesPolizeiliche Todesschüsse 2001von Otto DiederichsIm vergangenen Jahr hat die deutsche Polizei 4.172 Mal von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Dabei starben acht Menschen. Die offizielle Schusswaffengebrauchsstatistik der Innenministerkonferenz nennt jedoch nur fünf Tote. Wie jedes Jahr listet CILIP in Tabellenform Todesfälle und Szenarien auf. Neues Polizeirecht in Thüringenvon Martin KutschaDas Thüringische Parlament hat im Juni das Polizeiaufgaben- und das Verfassungsschutzgesetz geändert. Thüringen ist das erste Bundesland, in dem Telefon-Überwachungen aus präventiv-polizeilichen Gründen erlaubt werden. Ausgedehnt wurden auch die Befugnisse zu verdeckten Methoden, Videoüberwachung und Aufenthaltsverboten. Biometrische Identifizierungssystemevon Martina Kant und Heiner BuschSeit dem 11.9. erleben biometrische Verfahren zur Identifizierung von Personen einen Boom. Obwohl es bislang keine seriösen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit biometrischer Systeme für große Anwendergruppen gibt, werden Ausweise und Visa in Deutschland, den USA und auf EU-Ebene künftig biometrische Daten enthalten. Der Artikel beschreibt weitere Einsatzgebiete für Biometrie und diskutiert die datenschutz- und bürgerrechtlichen Probleme. Inland aktuellmit Kurzinformationen zu folgenden Themen:
Meldungen aus Europa
Chronologie wichtiger Themen und Ereignisse: Gesetzgebung "Innere Sicherheit", Polizeiapparat, Geheimdienste, polizeiliche Übergriffe, sozialer Protest u.v.m. von März bis Juni 2002 Literaturhinweise zum Schwerpunktthema Versammlungsfreiheit, Demonstrationen und Polizei sowie Rezensionen von folgenden Neuerscheinungen:
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© Bürgerrechte & Polizei/CILIP 2002 HTML-Auszeichnung: Martina Kant Erstellt am 10.09.2002 - letzte Änderung am 10.09.2002 |