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Bürgerrechte & Polizei/CILIP 78 (2/2004)

abstand

Zusammenfassungen



So offenkundig war es selten

von Wolf-Dieter Narr

Im Juli haben drei offizielle Berichte - zwei aus den USA, einer aus dem Vereinigten Königreich - das Versagen der Geheimdienste dokumentiert. Weder im Falle des "11. Septembers" noch hinsichtlich des Irak-Krieges waren sie in der Lage, richtige Informationen zu liefern. Geheimdienste sind mit der Geschichte des modernen Staates untrennbar verbunden. Sie sind der institutionalisierte Widerspruch zu demokratischen Verfassungen, den auch parlamentarische Kontrollkommissionen und gesetzliche Regelungen nicht zu lösen vermögen. Statt immer neue Legitimationslügen zu akzeptieren, sollten wir sie abschaffen.

"Sicherheitsarchitektur" - Staatsschützerische Großbaustelle

von Heiner Busch

Die Gefährdung durch den internationalen Terrorismus zwinge den Staat zur Überprüfung seiner "Sicherheitsarchitektur", so tönt es aus allen Sprachrohren der etablierten Parteien. Die BauplanerInnen diskutieren über noch mehr Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Polizei sowie eine Zentralisierung der "Sicherheitsbehörden". Die jetzige Debatte wird erst verstehbar vor dem Hintergrund der Entwicklung der Geheimdienste seit dem Ende des Kalten Krieges.

Neue Formen der Kooperation von Polizei und Geheimdiensten

von Stephan Stolle und Albrecht Maurer

Seit Anfang der 90er Jahre haben Geheimdienste, Polizei und Strafverfolgungsbehörden neuartige Kooperationsformen entwickelt. Das Ziel: Konkrete Zusammenarbeit und Abstimmung von Maßnahmen in bestimmten Bereichen von gemeinsamem Interesse. Aus der verfassungsrechtlich vorgegebenen Trennung von Polizei und Geheimdiensten wird so eine systematische Zusammenführung.

Verfassungsschutz und Kriminalitätsbekämpfung

von Fredrik Roggan

Die Ämter für Verfassungsschutz unterliegen nicht dem Legalitätsprinzip. Sie haben zudem jahrzehntelange Erfahrung im Auskundschaften ganzer Szenen und verfügen über umfängliche Befugnisse und geheimdienstliche Instrumentarien. Das alles spricht nach Ansicht einiger Landesgesetzgeber dafür, die Dienste auch mit der Beobachtung der "Organisierten Kriminalität" zu betrauen.

JungdemokratInnen in den Tätigkeitsberichten des Verfassungsschutzes

von Udo Kauß

Verfassungsschutzberichte sind keine bloßen Meinungsäußerungen über die politischen Positionen einer Organisation. Sie sind vielmehr ein öffentlicher Aufruf zur Ausgrenzung, eine Handlungsanweisung an den Rest der Verwaltung und an die Gesellschaft insgesamt, die für die Betroffenen erhebliche Folgen haben kann. Im Falle der JungdemokratInnen/Junge Linke zeigt sich exemplarisch, wie willkürlich die Bewertungen der Ämter sind und wie schlampig sie mit Informationen umgehen.

Das Versagen der parlamentarischen Kontrolle

von Heiner Busch

Damit die parlamentarische Kontrolle von Behörden halbwegs funktionieren kann, braucht sie unbeschränkte Informationszugänge, angemessene personelle Ressourcen und vor allem den frischen Wind der Öffentlichkeit. All das fehlt den GeheimdienstkontrolleurInnen. Der Artikel zeichnet die Gremien zur Kontrolle der Geheimdienste nach - insbesondere das Parlamentarische Kontrollgremium (früher PKK) und analysiert, warum derart eine Kontrolle unmöglich ist.

EU-Geheimdienste und Terrorismusbekämpfung

von Mark Holzberger

Nach dem Anschlag von Madrid am 11. März 2004 hat die EU ihren Anti-Terrormaßnahmen eine neue Richtung gegeben. Künftig will sie nicht nur die Kooperation von Polizei und Geheimdiensten intensivieren, sondern auch das Militär stärker in die Bekämpfung des Terrorismus einbinden.

Der niederländische Geheimdienst und die Asylsuchenden

von Wil van de Schans

Der niederländische Inlandsgeheimdienst, der Allgemeine Nachrichten- und Sicherheitsdienst (AIVD), verspricht Flüchtlingen, eine Tätigkeit als Informant würde sich positiv auf ihr Asylverfahren auswirken. Ein Bericht des Büros Jansen & Janssen von Ende 2003 zeigt, wie der Dienst die unsichere Lage der Flüchtlinge und ihre Unkenntnis ausnutzt.


außerhalb des Schwerpunktes

Proteste gegen den Irak-Krieg und der Nötigungsparagraf

von Martin Singe

Am 20. März 2003 begannen die USA und ihre Verbündeten Bagdad zu bombardieren. Über ein Jahr danach ist ein Ende der Strafverfahren gegen Personen, die mit Sitzblockaden gegen diesen Krieg protestierten, nicht abzusehen. Dabei bemühen die Behörden erneut den Nötigungsparagrafen 240 des Strafgesetzbuchs (StGB).

Präventive Telekommunikationsüberwachung

von Fredrik Roggan

Was nach der Strafprozessordnung bereits seit 1968 zulässig ist, wird nun auch in die Polizeigesetze der Länder eingeführt: die Überwachung der Telekommunikation. Von der technischen Seite her funktioniert die präventive Überwachung wie jene nach der Strafprozessordnung. Rechtlich geht es aber weder um die Verfolgung von Straftaten noch um die Abwehr von gegenwärtigen Gefahren für Menschenleben. Die präventive Telekommunikationsüberwachung dient vielmehr der Ausforschung ganzer Menschengruppen.


Inland aktuell

mit Kurzinformationen zu folgenden Themen:

  • PKG-Bericht zu neuen Befugnissen der Geheimdienste
  • Ausreiseverbote und Meldeauflagen zur Fußball-EM 2004
  • Automatische Kfz-Kennzeichenerfassung verrechtlicht
  • Freispruch nach polizeilichem Todesschuss
  • Polizeiliche Todesschüsse 2003

Meldungen aus Europa

  • Mediterrane Triangel: Europol-Bericht zur Lage und Entwicklung des Terrorismus in der EU
  • SIS im "Kampf gegen den Terror"
  • Neuer Vorstoß in Sachen Verkehrsdaten

Chronologie wichtiger Themen und Ereignisse: Gesetzgebung "Innere Sicherheit", Polizeiapparat, Geheimdienste, polizeiliche Übergriffe, sozialer Protest u.v.m. von April bis Juni 2004

Literaturhinweise zum Schwerpunktthema Geheimdienste sowie

Rezensionen von folgenden Neuerscheinungen:

  • Glaeßner, Gert-Joachim: Sicherheit in Freiheit. Die Schutzfunktion des demokratischen Staates und die Freiheit der Bürger, Opladen (Leske + Budrich) 2003, 293 S., EUR 24,90
  • Krane, Christian: "Schleierfahndung". Rechtliche Anforderungen an die Gefahrenabwehr durch ereignisunabhängige Personenkontrollen, Stuttgart, München, Hannover u.a. (Richard Boorberg Verlag) 2003, 316 S., EUR 36,-
  • Milke, Tile: Europol und Eurojust. Zwei Institutionen zur internationalen Verbrechensbekämpfung und ihre justitielle Kontrolle, Göttingen (V & R unipress) 2003, 327 S., EUR 35,30
  • Bündnis Aktiver Fußballfans - BAFF (Hg.): Die 100 "schönsten" Schikanen gegen Fußballfans. Repression und Willkür rund ums Stadion, Grafenau (Trotzdem Verlagsgenossenschaft) 2004, 159 S., EUR 10,-


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HTML-Auszeichnung: Martina Kant
Erstellt am 11.08.2004 - letzte Änderung am 11.08.2004