"Im Übrigen" sind wir der Meinung, dass Geheimdienste
abgeschafft werden müssen. Das ist das "ceterum censeo", das Bürgerrechte
& Polizei/CILIP seit drei Jahrzehnten wiederholt. Und dafür gibt
es Gründe en masse: Die Dienste sind nicht nur schlecht kontrolliert,
sondern unkontrollierbar. Sie verfügen zwar in Deutschland mittlerweile
über ausführliche gesetzliche Grundlagen, die aber im Wesentlichen
Ermächtigungen und keine Grenzen darstellen. Dass sie notwendig
seien zum Schutz der Demokratie oder für eine friedliche Außenpolitik
- diese Ammenmärchen etablierter Politik mag glauben, wer will -
wir tun es nicht.
Zugegeben: die Abschaffungsforderung liegt nicht im
"realpolitischen" Trend. Das Ende des Kalten Krieges hat den bundesdeutschen
Diensten nur kurzfristig eine Krise beschert. Zwanzig Jahre danach
verfügen sie über mehr Aufgaben und Befugnisse und sind besser mit
den polizeilichen Sicherheitsbehörden vernetzt denn je - dank Anti-Terrorismus
und einer militarisierten Außenpolitik, die deutsche Interessen
und Sicherheit nicht nur am Hindukusch "verteidigen" will. Die Gegenwart
der drei (ehemals west-)deutschen Dienste wird trotz aller Skandale
nicht hinterfragt, ihre Geschichte im Kalten Krieg ist - praktischerweise
- vergangen. Letztere offen zu legen und den Betroffenen freien
Zugang zu Akten und Daten einzuräumen, wäre ein erster Schritt in
die richtige Richtung.
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Anfang nächsten Jahres findet in Berlin der nächste
"Europäische Polizeikongress" statt - ein vom Verlag des (privaten)
"Behördenspiegel" organisiertes Stelldichein von Politik, Polizei
und Sicherheitsindustrie, bei dem letztere auch ihre neuen Produkte
"an den Mann" zu bringen versucht. Der "Militärisch-industrielle
Komplex" steht seit langem für die gefährliche Verquickung von Industrie
und Militärpolitik. Wächst nun ein "sicherheitsindustrieller Komplex"
heran? Zu dieser Frage wird die nächste Ausgabe von Bürgerrechte
& Polizei/CILIP Materialien liefern.
(Heiner Busch)
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